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09.06.2010 Kategorie: Pressestelle

Sparpaket unfair und ungerecht

Landesbischof kritisiert Bundesregierung: Familien und Arbeitslose leiden am meisten

Braunschweig/Hannover. Landesbischof Weber hat die Bundesregierung aufgefordert, ihr aktuelles Sparpaket nachzubessern. Man könne es nicht als ausgewogen, fair und gerecht bezeichnen, sagte er am Mittwoch, 9. Juni, bei der Jahrestagung des Niedersächsischen Evangelischen Verbands für Altenhilfe und ambulante pflegerische Dienste e.V. (NEVAP) in Braunschweig. Die Hauptlast der Einsparungen müssten von den sozial Schwachen getragen werden, kritisierte Weber. Es sei falsch, den Rotstift vor allem bei den Familien und Erwerbslosen anzusetzen, die jetzt schon nicht mehr mit ihrem Einkommen auskommen.

Angesichts von rund drei Millionen armen Kindern und Jugendlichen in Deutschland, sei es höchst problematisch, Familien, die Hartz IV beziehen, das Elterngeld zu streichen. Junge Familien, insbesondere Alleinerziehende, seien überproportional von Armut betroffen, sagte der Landesbischof. Und die Abschaffung des Rentenversicherungsbeitrages für ALG II-Empfänger verschärfe die Gefahr einer neuen Altersarmut. Weber sprach sich dafür aus, die Verursacher der Finanzkrise stärker in die Pflicht zu nehmen.

Der NEVAP ist übergreifend für die landeskirchlichen Diakonischen Werke der größte Fachverband in Niedersachsen und vertritt 166 Träger mit 265 ambulanten und stationären Altenhilfeeinrichtungen. Er hat sich zum Ziel gesetzt, für alte, kranke und pflegebedürftige Menschen eine sozialpolitische Vertretung wahrzunehmen.

Auch die die Diakonischen Werke in Niedersachsen haben die Streichliste der Bundesregierung als unausgewogen kritisiert. Es sei notwendig und für jeden einsichtig, dass gespart werden müsse. "Doch es ist weder ausgewogen noch fair, dass für die Kosten der Finanzkrise in schwerwiegender Weise die Familien und Arbeitslosen aufkommen sollen", sagte der stellvertretende Diakoniedirektor der hannoverschen Landeskirche, Jörg Antoine, am 8. Juni in Hannover.

Die Bundesregierung hatte am 7. Juni ihr Sparkonzept veröffentlicht, mit dem die Neuverschuldung des Bundes "abgebremst" werden soll. Danach soll der Staatshaushalt um 80 Milliarden Euro gekürzt werden. Die größte Summe soll aus dem Sozialetat kommen. Hier könnten aus Sicht der Bundesregierung 30 Milliarden Euro gestrichen werden.

Antoine kritisierte besonders die geplante Wegnahme des Elterngeldes für Hartz-IV-Empfänger. In Deutschland lebten drei Millionen arme Kinder und Jugendliche. Das Elterngeld sei eine wichtige Hilfe für junge Familien und Alleinerziehende im Hartz-IV-Bezug. Es sei "in keiner Weise sozial ausgewogen", den am stärksten von Armut bedrohten Menschen, das Elterngeld zu streichen.

Der Theologische Vorstand der Oldenburger Diakonie, Thomas Feld bezeichnete die Pläne als "Zeichen von Fantasielosigkeit". Die Kürzungen nähmen einer steigenden Zahl von Kindern, Jugendlichen, Arbeitslosen und alten Menschen alle Chancen auf Beteiligung am gesellschaftlichen Leben. "Die Folgekosten werden sehr viel teurer sein als die erwarteten Spareffekte", warnte er.

Der Geschäftsführer der Diakonie der Evangelisch-reformierten Kirche mit Sitz in Leer, Wolfgang Wagenfeld, forderte ein Umdenken der Regierung. Es sei nicht nachvollziehbar, dass zur Stabilisierung der Banken binnen kürzester Zeit Hunderte Milliarden bereitstanden, jetzt aber die Verursacher dieser Kosten nicht zur Kasse gebeten werden: "Wir brauchen eine Bankenabgabe und nicht noch weniger Geld für die Ärmsten der Gesellschaft." Außerdem müsse über eine Erhöhung der Mehrwertsteuer nachgedacht werden, die alle Menschen gleichermaßen zu zahlen hätten.

"Absolut schwachsinnig" nannte Wagenfeld die Streichung der Rentenversicherungsbeiträge für Hartz-IV-Empfänger. Damit werde das Problem lediglich auf später verschoben. Die Menschen erhielten noch weniger Rente und müssten dann wieder von den Sozialkassen unterstützt werden: "So gibt es keine Chance, dem Armutskreislauf zu entrinnen."