Braunschweig (epd). Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt hat das Wachstumsdenken und den Perfektionswahn kritisiert. Die Grünen-Politikerin wandte sich am Mittwochabend erneut gegen die umstrittene Präimplantationsdiagnostik (PID). Die Gentests an Embryonen hätten mit dem christlichen Menschenbild nichts zu tun, sagte die Politikerin, die auch Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist, beim Jahresempfang der braunschweigischen Landeskirche. Für Christen sei auch behindertes oder schwerstbehindertes Leben Ebenbild Gottes.
Über die ethische Bewertung der PID gibt es in der evangelischen Kirche unterschiedliche Standpunkte, von der katholischen Kirche wird sie vehement abgelehnt. Der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider hält vor allem aus seelsorgerlicher Sicht eine Anwendung der PID unter strengen Auflagen für denkbar. Göring-Eckardt war als Rednerin in Braunschweig für den Ratsvorsitzenden eingesprungen, der nach Afghanistan geflogen ist.
Göring-Eckardt warnte in der Klosterkirche Riddagshausen vor einer Wachstums-Euphorie, die sie auch in der Haltung der PID-Befürworter erkenne. Damit sei der Glaube verbunden, dass der Mensch alles in der Hand habe und immer perfekter machen könne. Zum Glück hinterfragten immer mehr Menschen diese Haltung. Die Diskussion der 1970er Jahre über die "Grenzen des Wachstums" erlebe in unterschiedlichen politischen Milieus eine Neuauflage. Nicht zuletzt habe das Thema durch die Wirtschafts-, Finanz- und Klimakrise an Aktualität gewonnen.
Nach Einschätzung der Grünen-Politikerin geschieht bereits ein Wandel zu einer "Kultur des Weniger". Die neuen Wachstumskritiker seien "keineswegs wandelnde Spaßbremsen", die anderen nur Bionade und trocken Brot gönnten. Sie seien erfreulich ideologiefrei. Diese Form der Wachstumsskepsis habe viel mit Freiheit zu tun.
Landesbischof Weber rief in seiner Andacht zum respektvollen Umgang mit Muslimen auf. Die Religionen trügen eine hohe Verantwortung für das Zusammenleben. Es gelte, ein Netz der Friedfertigen zu knüpfen: "Wir brauchen die Solidarität der Menschen guten Willens, die für eine gerechte Gesellschaftsordnung, eine Kultur der Gewaltfreiheit und für Menschenwürde eintreten. Wir brauchen den Dialog."
Vortrag der Präses der EKD-Synode Katrin Göring-Eckardt im Wortlaut
Andacht und Begrüßung von Landesbischof Prof. Dr. Friedrich Weber im Wortlaut