Braunschweig (epd). In immer weniger Haushalten mit geringem Einkommen reicht das Geld tatsächlich bis zum Monatsende. Neben der Finanznot belasten gesundheitliche Probleme einer aktuellen Studie der Braunschweiger Diakonie und der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz zufolge arme Familien am meisten. Zum Zeitpunkt der Befragung hätten sich 39 Prozent der Erwachsenen in ärztlicher Behandlung befunden, sagte Diakoniedirektor Lothar Stempin am 19. April. Das seien fast doppelt so viele wie bei Menschen mit höherem Einkommen.
Über einen Zeitraum von zwei Jahren seien mehr als 300 Familien mit geringem sowie eine Kontrollgruppe mit höherem Einkommen interviewt worden. Laut Stempin handelt es sich dabei um die bundesweit umfangreichste Arbeit zum Thema Familienarmut auf kommunaler Ebene in den vergangenen fünf Jahre.
Das Bildungspaket von Bundessozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) sei der falsche Weg, um den sozialen Absturz wirksam zu stoppen, sagte Stempin. Die Studie habe gezeigt, dass viele Familien mit geringem Einkommen extrem verantwortungsbewusst mit Geld umgingen. Ihnen könne guten Gewissens direkt das Geld aus dem Bildungspaket überlassen werden: "Wenn richtige Ansätze im Gewand des Misstrauens daherkommen, ist die Zurückhaltung der Betroffenen nachvollziehbar und die Skepsis der Kommunen verständlich", betonte der Diakoniedirektor.
An vielen Stellen müssten vorhandene Hilfsangebote neu justiert werden, sagte der Landesbischof der Evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig, Friedrich Weber. "Die Bekämpfung der Familienarmut ist nicht nur eine sozialpolitische Herausforderung, sondern vielmehr eine Wertentscheidung zugunsten jeder einzelnen Person", sagte er.
Der Studie zufolge verdient ein Erwachsener mit geringem Einkommen nicht mehr als 891 Euro im Monat. Eine Familie mit einem Kind gilt demnach als geringverdienend, wenn das Nettoeinkommen unter 1.604 Euro liegt.
Die Studie finden Sie als Download (pdf) auf der Internetpräsenz des Diakonischen Werkes Braunschweig.