Seesen/Braunschweig. Landesbischof Weber hat sich erneut für Toleranz zwischen den Religionen eingesetzt. Bei einer Festveranstaltung zum 200-jährigen Gedenken an die Einweihung der ehemaligen Synagoge in Seesen warnte er am Donnerstagabend, 17. Juni, gleichzeitig vor Antijudaismus und Antisemitismus. Solche Tendenzen seien leider immer noch zu beklagen, so der Landesbischof. Deswegen sei im Sinne des Philosophen Emanuel Levinas ein „Denken vom Anderen her" notwendig. Zu entdecken sei die Faszination durch den Reichtum und die Schönheit der anderen.
Weber erinnerte an die Wurzeln des modernen Toleranz-Gedankens in der biblischen und kirchlichen Überlieferung. Vom lateinischen Kirchenvater Cyprian über den mittelalterlichen Theologen Nikolaus von Kues bis hin zur Reformation Martin Luthers und den Philosophen der Aufklärungszeit zeigte er die Entwicklungslinien auf. Gleichzeitig räumte er ein, dass es zu lange gedauert habe, bis sich in Deutschland ein Verständnis von Toleranz entwickeln konnte, dass es den unterschiedlichen Religionen erlaubte, in Frieden und Gleichberechtigung mit einander zu leben.
Vor 200 Jahren, am 17. Juli 1810, wurde in Seesen der Jacobstempel, die Synagoge der Jacobsonschule, in einem festlichen Gottesdienst eingeweiht. Erstmals wurde hier in deutscher Sprache gepredigt, und ebenfalls erstmals begleitete hier eine Orgel den Gesang der Gemeinde. Deshalb, so Experten, stehe in Seesen die Wiege des modernen Judentums. Wie die meisten Synagogen Deutschlands fiel auch der Seesener Jacobstempel in der Reichspogromnacht 1938 den nationalsozialistischen Brandstiftern zum Opfer.