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14.11.2013 Kategorie: Gemeinde

Advent - und dann...

Ein ehrlicher Weihnachtsglaube

„Alle Jahre wieder kommt das Christuskind" – als Wilhelm Hey 1837 dieses Lied schrieb, hatte er mit Sicherheit nicht damit gerechnet, welchen Bekanntheitsgrad sein Werk erreichen würde. Ich kenne es, Sie kennen es – natürlich, wie angeboren ist die Melodie im Ohr. Aber woher kennen wir ausgerechnet dieses schlichte Liedlein so gut? Selbst die Kinder und Jugendlichen unserer Zeit könnten mindestens die erste Strophe zu Gehör bringen. Auch sie wüssten wahrscheinlich nicht, warum sie diese Melodie im Kopf haben, würden aber mindestens zwei Antworten nennen: Das haben wir schon im Kindergarten und in der Schule gesungen und außerdem hört man es ja immer wieder aus den Lautsprechern der Kaufhäuser und Weihnachtsmärkte unserer Tage. Nun könnte man meinen: Das ist ja ein altes Kirchenlied und die Christen haben es in ihren Gottesdiensten gesungen. Aber „Alle Jahre wieder" steht nicht im neuen und stand auch nicht im alten Gesangbuch, ist also nur mündlich als Volkslied bis auf unsere Tage in aller Munde. „Alle Jahre wieder" klingt in unseren Tagen wie ein Programm für die Adventszeit. So mancher empfindet diesen Vers wie einen Seufzer: Nun kommt auch noch die anstrengende Vorweihnachtszeit. Ist Ihnen auch schon aufgefallen, dass aus der Adventszeit die Vorweihnachtszeit geworden ist? Es werden bereits Ende November die ersten Weihnachtsmärkte veranstaltet. Ich finde es gut, dass der Sternenthaler-Markt in Blankenburg erst am 13. Dezember beginnt. Die Worte Adventsfeier und Weihnachtsfeier bedeuten scheinbar das gleiche. Die Adventszeit als Vorbereitung auf das Fest, als Zeit der Besinnung, ja der Buße, ist gänzlich untergegangen in der Feststimmung der Vorweihnachtszeit. Ja, es hat sich eingebürgert, die Weihnachtsgänse bereits Anfang Dezember auf Betriebs- und Vereinsfeiern zu verspeisen. Die besinnliche Adventszeit gehört der Vergangenheit an – fröhliches und buntes Treiben ist angesagt. Wir Kirchenleute haben uns an dieser Stelle nicht durchgesetzt: Die Adventszeit als Zeit der Stille und der Umkehr mit anschließendem Fest hat keinen Sitz im Leben der Menschen. Im Gegenteil, der lauten, hellen Vorweihnachtszeit folgen die stillen Festtage zum Ausruhen und Erholen. Der Heiligabendgottesdienst ist eine Art Scharnier zwischen beiden Zeiten. Besonders deutlich wurde mir dieser Wertewechsel in meiner Zeit als Domprediger am Schweriner Dom in Mecklenburg. Nach fast fünf Wochen Weihnachtsmarkt mit Weihnachtsliedern und Weihnachtsmann wurde am 23. Dezember der gesamte Markt abgebaut inklusive der großen Tanne auf dem Rathausplatz. So waren Heiligabend alle Lichter erloschen. Erst unser Protest führte dazu, dass in den folgenden Jahren wenigstens die Lichterketten und der Baum stehen blieben. Nun könnten wir das alles beklagen als Verfall von Kultur und Tradition. Die völlig überzogene Bewertung von Kaufkraft und wirtschaftlichem Aufschwung soll hier nicht bedacht werden. Die bange Frage lautet: Was wird aus den Menschen in unserem Land, wenn sie die Frage nach dem Woher und Wohin nicht mehr stellen? Was wird aus Menschen, die nur noch an sich selbst und ihren Wohlstand glauben? Und damit verbunden die Frage, wen es interessiert, dass Gott seinen Sohn Jesus Christus in die Welt gesandt hat, damit wir gerettet werden. Ich nenne Ihnen ein Beispiel, damit Sie merken, dass in unserem Land ganz heimlich und leise eine Bewegung zum Guten entsteht. Es ist doch auffällig, dass viele junge Leute sich beim Weihnachtsmarkt engagieren und Heiligabend wie selbstverständlich in die Kirche gehen. Ich fragte eine junge Frau: Warum sind Sie heute Abend hier? Und sie sagte nur: Es soll einfach Weihnachten werden. Wir haben niemanden besonders eingeladen, sie kommen, haben sich ihre Kirche ausgesucht. Sie ahnen, dass dieser Jesus etwas mit ihrem Leben zu tun hat, dass sie zu gerne endlich jemanden finden würden, dem sie vertrauen können, der sie nicht enttäuscht. Und da kommen wir mit unserer kirchlichen Tradition von Musik, Predigt und Lesung - und wir stehen gar nicht so schlecht da. Wir haben den größten Schatz zu bieten, auch unsere Formen sind eigentlich gut. Wir müssen nur ein Kriterium erfüllen – und dafür haben die Jugendliche und alle anderen Menschen ein ganz sicheres Gefühl – und das ist Authentizität. Die Menschen merken, ob wir es ernst meinen oder uns hinter Formen verstecken. Wenn Sie von Ihrem Glauben sprechen, werden Ihre Kinder und Enkelkinder instinktiv wissen, ob Ihr Herz spricht oder ob Sie nur eine Meinung oder Lehre weitergeben. Unsere Tradition gepaart mit Ehrlichkeit wird unserem Leben neue Qualität und dem Glauben neue Bedeutung verschaffen. Ich wünsche Ihnen gesegnete Advents- und Weihnachtstage. Pfarrer Andreas Weiß