Mit den vielfältigsten Eindrücken zurückgekehrt vom Hamburger Kirchentag, gilt es jetzt, die Gedanken zu ordnen. Wie kann das, was sich jeder Einzelne aus Hamburg mitgebracht hat, in den Alltag umgesetzt werden? Sicher werden diese gesammelten Eindrücke sehr unterschiedlich sein, wie sich auch die Veranstaltungen sehr bunt gemischt in ihrer Thematik darstellten. Aber das ist ja auch das Besondere an solch einer Großveranstaltung: jeder findet etwas, was ihn persönlich anspricht. Diese Vielfalt kann hier nicht wiedergegeben werden. Die Predigt in leichter Sprache der Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs über den Predigttext Exodus 16 - gehalten am Strandkai - soll zum Nachdenken anregen:
Gott, es ist Kirchentag! So viele sind gekommen. Schau, so viel du brauchst, Gott! Hunderttausend. Sie singen. Damit deine Liebe ein lautes Lied wird. In diesem Land. In dieser Stadt. In unseren Herzen. Ich bin dankbar und froh, dass Ihr da seid! In „meinem" Hamburg!
Fünf Tage nun haben wir. Die Zeit ist kostbar. Wie eine Perle. Wie ein Tag voller Sonne (ohne Regen ... je nachdem) Wie dein Schatz, der dich liebt. So kostbar ist Zeit. Sie kommt von dir, Gott. Damit wir sie füllen. Nicht zerrinnen lassen wie den Sand.
Hunderttausend! Hunderttausend Stunden schon ziehen die Israeliten schon durch die Wüste. So viel Zeit ihres Lebens - verschenkt! Verloren! Sie klagen. Jeden Tag dieser Sand. Er knirscht zwischen den Zähnen. Verstopft die Ohren. Außerdem haben sie Hunger. Und schlechte Laune. Sie benehmen sich wie kleine Kinder. Denkt jedenfalls ihr Anführer Mose. Auch das kennen wir, oder? Dass es einem reicht mit dem Kinderkram. Gerade wenn es eigentlich um etwas ganz Großes geht. Um etwas ganz Schönes. Gott hatte ihnen allen ein Land der Freude versprochen. Ein Land, in dem jeder Mensch den anderen achtet. In dem jedes Kind hat, so viel es braucht. Zuneigung. Brot. Frieden. Ein Land, in dem nicht nur ein Mensch glücklich ist. Sondern alle. So verschieden sie sind. Schwarz, klein, grau, jüdisch, muslimisch, stumm, laut, langsam, klug.
Doch die Israeliten verstehen das nicht. So viele Menschen tun es bis heute nicht. Sie sind blind für den Weg, der aus der Wüste herausführt. Und aus dem Streit. Dem Kampf. Der Not. Sie hören nur, wo´s knirscht. Sehen nur, was ihnen angetan wurde. Sie murren und knurren. Und irgendwann wird's bedrohlich. Wie soll da Friede werden, mein Gott in Israel Palästina. In Syrien. In Nordkorea.
Es ist zum Jammern.
Jammer kann auch eine Kammer werden. Eng. Gefangen hält sie einen. Man sieht nur die Not. Und gar nichts von den Wundern der Wüste. Von den Farben des Lebens. Sieht schon gar nichts von Gott.
Viele Menschen sehen nichts von Gott. Sie sind fertig mit ihm. Doch Gott ist nicht fertig mit ihnen. Im Gegenteil. Gott sagt: „Ihr werdet merken: ich bin bei euch. Ich bin euer Gott. Ich sorge für Euch."
Gott hört. Nicht nur damals. Auch heute. Das glaube ich. Und das erfahre ich auch. Deshalb bete ich. Gott hört uns. Mit unserem Jammer. Mit unseren Fragen. Mit unserem Hunger.
So viele hungern - nach Brot. Über eine Milliarde sind es heute. Mehr Menschen, als du zählen kannst. So viele hungern - auch nach Anerkennung. Nach einem Liebeswort. Nach Zeit, um zu sich zu kommen. Gott hört - und sagt: Du. Du und Du, ich bin euer Gott. Ich sorge für euch. Ich sorge für euch. Das ist ein riesiges Versprechen.
(Dundu kommt auf die Bühne) So riesig. Wie DU-UND-DU, Dundu hier, unser sanfter Riese.
Dagegen ist man selbst ziemlich klein. Ich zumindest. Und ich weiß auf einmal, wenn ich hier so neben dir stehe Dundu: Klein kann auch der Glaube sein. Wenn man nur einen Fuß sieht. Oder nur den Sand. Oder nur, dass man klein ist. Dabei ist da noch so viel. Was ich gerade nicht sehe. Das große Ganze. Das Licht in dir. Die Kunst der Natur. All das ist in jedem Menschen hier, sagt Gott.
Vom ersten Atemzug an. Deshalb kannst du „Du" sagen, sagt Gott. Zu mir. Und zu deinem Nachbarn.
Er ist reich. Sie ist arm. Er kann nicht hören. Sie kann nicht gehen. Er ist langsam, sie ist laut. Sie alle wollen leben. Solche Menschen sind das Du, das du brauchst. Du-und-Du soll ein großes Wir werden. Grandios, finde ich. Und wunderbar. Nicht wahr, Dundu?
Na, und du? (Geste nach oben oder in jedem Fall von Dundu weg)
So frage ich oft Gott. Stupse ihn an. So wie dich jetzt. Weil ich manchmal nicht weiß, WIE groß Gott ist.
Ich verstehe jetzt die Israeliten besser. Sie klagen, weil sie so gern Gott sehen, ihn hören wollen, diesen großen, weiten, ewigen. Unfassbaren. Dass er sie in den Arm nimmt. Sie nährt. Stillt. (Schützmotette; Herr, auf dich traue ich.) Herr, auf dich traue ich. Still! Es knistert. „Man hu?" Nanu?
Es regnet. Keine Angst....Es sind Krümel, die süß schmecken.
„Das ist besonderes Brot. Nimm. Soviel du brauchst" sagt Gott. Zu den Israeliten in der Wüste. Zu uns. Herrlich. Doch Moment.
Das ist ja gar nicht so leicht.
Wer weiß schon, wie viel er wirklich braucht. Und dann: was der oder die Andere braucht? Wir denken immer: Nimm, was du kriegen kannst. Und so nehmen die einen viel. Und für die anderen ist´s zu wenig. Das ist wie im richtigen Leben. Und was passiert? Das, was zu viel ist, verdirbt. Den Charakter übrigens auch. Deshalb ja.
Das, was du wirklich brauchst, gibt Gott täglich neu –Himmelsbrot. Wie schön!
Das ist nämlich Brot und Himmel, Güte und Segen, Wasser und Liebe. Alles Lebens-Mittel, die nicht haltbar, nicht zu halten sind.
Denn festhalten verdirbt. Bringt aus dem Gleichgewicht. Körperlich, seelisch, sozial, global. Unsere Erde ist aus der Balance. Mir macht das Angst. Und dir, Dundu auch. So viel Müll. So viel Ungerechtigkeit. Soviel Bomben. Soviel Gezocke. So viel Gewissenlosigkeit. So viel - was kein Mensch braucht.
Und so wenig, so ganz wenig haben andere. In Afrika. In Indien. Man tut Menschen Gewalt an. Lässt sie in Armut elend sein. Auch hier in Hamburg. Lübeck. Dresden. Auch hier leben Menschen, die arm sind. Jedes fünfte Kind in dieser reichen Stadt. Eine Stadt mit einer Elbphilharmonie. Und Kindern, die noch nie die Elbe gesehen haben. Die niemals Schwimmen lernen. Denen innerlich nie richtig warm wird. Kindern, die nichts mehr hoffen. Wir müssen uns sammeln. Wir müssen uns niederbeugen. Hinschauen. Aufrichten. Für sie. Müssen uns aufrichten gegen das Niedertreten.
Aufrichten gegen das abschätzige Reden. Brutales Beschimpfen.
Gegen stampfende Nagelstiefel. Still. Hört Ihrs nicht? Das Himmelsbrot. Leise fällt es uns in die Hand. ES ist doch so viel da!
So viel, was wir brauchen. Farben. Wunder. Die Liebe meines Lebens. Du und du. Gibt es einen tieferen Sinn, Dundu?
Was der Mensch zum Leben braucht - ist doch Sinn. Nähe, die dich warm durchfährt. Arbeit, die dich satt macht. Gemeinschaft mit den Menschen, die ich liebe. Zuneigung. Zu dir. Die du so anders bist. Wunderbar anders. Hundertausendmal wunderbar anders. Der du woanders lebst, anderes liebst, anders glaubst als ich.
So viel du brauchst - es geht doch nicht um Menge. Um Masse. Um Macht. Das nehmen viele viel zu wichtig! Nein, es geht um Güte. Sinn. Und Segen.
Es geht um Leben, soviel du brauchst.
Nimm es entgegen. Leben – mit all seiner Qualität. Leben in Frieden. Voller Hoffnung. Nimm es entgegen. Im Gebet. (Dundu betet)
Danke, Gott. Für deine Liebe. Von ihr werden wir singen. Laut. Wir alle. Du sagst zu uns: Soviel du brauchst, gebe ich dir. Danke Gott.
Auf dich vertrauen wir.
Amen
Sie können die gesamte Predigt von Bischöfin Kirsten Fehrs hier herunterladen.
Fünf Tage nun haben wir. Die Zeit ist kostbar. Wie eine Perle. Wie ein Tag voller Sonne (ohne Regen ... je nachdem) Wie dein Schatz, der dich liebt. So kostbar ist Zeit. Sie kommt von dir, Gott. Damit wir sie füllen. Nicht zerrinnen lassen wie den Sand.
Hunderttausend! Hunderttausend Stunden schon ziehen die Israeliten schon durch die Wüste. So viel Zeit ihres Lebens - verschenkt! Verloren! Sie klagen. Jeden Tag dieser Sand. Er knirscht zwischen den Zähnen. Verstopft die Ohren. Außerdem haben sie Hunger. Und schlechte Laune. Sie benehmen sich wie kleine Kinder. Denkt jedenfalls ihr Anführer Mose. Auch das kennen wir, oder? Dass es einem reicht mit dem Kinderkram. Gerade wenn es eigentlich um etwas ganz Großes geht. Um etwas ganz Schönes. Gott hatte ihnen allen ein Land der Freude versprochen. Ein Land, in dem jeder Mensch den anderen achtet. In dem jedes Kind hat, so viel es braucht. Zuneigung. Brot. Frieden. Ein Land, in dem nicht nur ein Mensch glücklich ist. Sondern alle. So verschieden sie sind. Schwarz, klein, grau, jüdisch, muslimisch, stumm, laut, langsam, klug.
Doch die Israeliten verstehen das nicht. So viele Menschen tun es bis heute nicht. Sie sind blind für den Weg, der aus der Wüste herausführt. Und aus dem Streit. Dem Kampf. Der Not. Sie hören nur, wo´s knirscht. Sehen nur, was ihnen angetan wurde. Sie murren und knurren. Und irgendwann wird's bedrohlich. Wie soll da Friede werden, mein Gott in Israel Palästina. In Syrien. In Nordkorea.
Es ist zum Jammern.
Jammer kann auch eine Kammer werden. Eng. Gefangen hält sie einen. Man sieht nur die Not. Und gar nichts von den Wundern der Wüste. Von den Farben des Lebens. Sieht schon gar nichts von Gott.
Viele Menschen sehen nichts von Gott. Sie sind fertig mit ihm. Doch Gott ist nicht fertig mit ihnen. Im Gegenteil. Gott sagt: „Ihr werdet merken: ich bin bei euch. Ich bin euer Gott. Ich sorge für Euch."
Gott hört. Nicht nur damals. Auch heute. Das glaube ich. Und das erfahre ich auch. Deshalb bete ich. Gott hört uns. Mit unserem Jammer. Mit unseren Fragen. Mit unserem Hunger.
So viele hungern - nach Brot. Über eine Milliarde sind es heute. Mehr Menschen, als du zählen kannst. So viele hungern - auch nach Anerkennung. Nach einem Liebeswort. Nach Zeit, um zu sich zu kommen. Gott hört - und sagt: Du. Du und Du, ich bin euer Gott. Ich sorge für euch. Ich sorge für euch. Das ist ein riesiges Versprechen.
(Dundu kommt auf die Bühne) So riesig. Wie DU-UND-DU, Dundu hier, unser sanfter Riese.
Dagegen ist man selbst ziemlich klein. Ich zumindest. Und ich weiß auf einmal, wenn ich hier so neben dir stehe Dundu: Klein kann auch der Glaube sein. Wenn man nur einen Fuß sieht. Oder nur den Sand. Oder nur, dass man klein ist. Dabei ist da noch so viel. Was ich gerade nicht sehe. Das große Ganze. Das Licht in dir. Die Kunst der Natur. All das ist in jedem Menschen hier, sagt Gott.
Vom ersten Atemzug an. Deshalb kannst du „Du" sagen, sagt Gott. Zu mir. Und zu deinem Nachbarn.
Er ist reich. Sie ist arm. Er kann nicht hören. Sie kann nicht gehen. Er ist langsam, sie ist laut. Sie alle wollen leben. Solche Menschen sind das Du, das du brauchst. Du-und-Du soll ein großes Wir werden. Grandios, finde ich. Und wunderbar. Nicht wahr, Dundu?
Na, und du? (Geste nach oben oder in jedem Fall von Dundu weg)
So frage ich oft Gott. Stupse ihn an. So wie dich jetzt. Weil ich manchmal nicht weiß, WIE groß Gott ist.
Ich verstehe jetzt die Israeliten besser. Sie klagen, weil sie so gern Gott sehen, ihn hören wollen, diesen großen, weiten, ewigen. Unfassbaren. Dass er sie in den Arm nimmt. Sie nährt. Stillt. (Schützmotette; Herr, auf dich traue ich.) Herr, auf dich traue ich. Still! Es knistert. „Man hu?" Nanu?
Es regnet. Keine Angst....Es sind Krümel, die süß schmecken.
„Das ist besonderes Brot. Nimm. Soviel du brauchst" sagt Gott. Zu den Israeliten in der Wüste. Zu uns. Herrlich. Doch Moment.
Das ist ja gar nicht so leicht.
Wer weiß schon, wie viel er wirklich braucht. Und dann: was der oder die Andere braucht? Wir denken immer: Nimm, was du kriegen kannst. Und so nehmen die einen viel. Und für die anderen ist´s zu wenig. Das ist wie im richtigen Leben. Und was passiert? Das, was zu viel ist, verdirbt. Den Charakter übrigens auch. Deshalb ja.
Das, was du wirklich brauchst, gibt Gott täglich neu –Himmelsbrot. Wie schön!
Das ist nämlich Brot und Himmel, Güte und Segen, Wasser und Liebe. Alles Lebens-Mittel, die nicht haltbar, nicht zu halten sind.
Denn festhalten verdirbt. Bringt aus dem Gleichgewicht. Körperlich, seelisch, sozial, global. Unsere Erde ist aus der Balance. Mir macht das Angst. Und dir, Dundu auch. So viel Müll. So viel Ungerechtigkeit. Soviel Bomben. Soviel Gezocke. So viel Gewissenlosigkeit. So viel - was kein Mensch braucht.
Und so wenig, so ganz wenig haben andere. In Afrika. In Indien. Man tut Menschen Gewalt an. Lässt sie in Armut elend sein. Auch hier in Hamburg. Lübeck. Dresden. Auch hier leben Menschen, die arm sind. Jedes fünfte Kind in dieser reichen Stadt. Eine Stadt mit einer Elbphilharmonie. Und Kindern, die noch nie die Elbe gesehen haben. Die niemals Schwimmen lernen. Denen innerlich nie richtig warm wird. Kindern, die nichts mehr hoffen. Wir müssen uns sammeln. Wir müssen uns niederbeugen. Hinschauen. Aufrichten. Für sie. Müssen uns aufrichten gegen das Niedertreten.
Aufrichten gegen das abschätzige Reden. Brutales Beschimpfen.
Gegen stampfende Nagelstiefel. Still. Hört Ihrs nicht? Das Himmelsbrot. Leise fällt es uns in die Hand. ES ist doch so viel da!
So viel, was wir brauchen. Farben. Wunder. Die Liebe meines Lebens. Du und du. Gibt es einen tieferen Sinn, Dundu?
Was der Mensch zum Leben braucht - ist doch Sinn. Nähe, die dich warm durchfährt. Arbeit, die dich satt macht. Gemeinschaft mit den Menschen, die ich liebe. Zuneigung. Zu dir. Die du so anders bist. Wunderbar anders. Hundertausendmal wunderbar anders. Der du woanders lebst, anderes liebst, anders glaubst als ich.
So viel du brauchst - es geht doch nicht um Menge. Um Masse. Um Macht. Das nehmen viele viel zu wichtig! Nein, es geht um Güte. Sinn. Und Segen.
Es geht um Leben, soviel du brauchst.
Nimm es entgegen. Leben – mit all seiner Qualität. Leben in Frieden. Voller Hoffnung. Nimm es entgegen. Im Gebet. (Dundu betet)
Danke, Gott. Für deine Liebe. Von ihr werden wir singen. Laut. Wir alle. Du sagst zu uns: Soviel du brauchst, gebe ich dir. Danke Gott.
Auf dich vertrauen wir.
Amen
Sie können die gesamte Predigt von Bischöfin Kirsten Fehrs hier herunterladen.