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26.09.2010 Kategorie: Predigten

Predigt vom 17. Sonntag nach Trinitatis

Pastorin Beyer sprach über Römer 10,9-17

Liebe Gemeinde,
schon seit den Zeiten der ersten christlichen Gemeinden stellte sich Paulus die Frage: wie kommt man eigentlich zum Glauben? Wer oder was bewirkt den Glauben? Und wie sieht das Leben derjenigen aus, die glauben?
Seither gibt es unzählige Konzepte wie Menschen zum Glauben finden können. Wie man den Glauben weiter erzählt und Menschen davon überzeugt, dass Christus der Herr ihres Lebens ist.
Auch wir heute diskutieren, zum Beispiel im Kirchenvorstand, immer wieder darüber, was man in den kirchlichen Gemeinden verändern und verbessern könnte. Wie man die Botschaft von Christus zeitgemäß sagen kann, dass Menschen das verstehen und zum Glauben kommen können.
Hinter all diesen Überlegungen steht oft die Klage: wir sind so wenige!
Ich bin mir nicht sicher, ob es zu früheren Zeiten wirklich mehr waren.
Und heute bin ich mir manchmal auch nicht sicher, ob wir uns nicht eigentlich ganz wohl fühlen in der kleinen familiären Gemeinschaft, in der man sich kennt und so akzeptiert wird.
Unsicher bin ich auch darüber, ob die Frage danach, wie man Menschen dazugewinnen könnte, nicht eher aus der Zwangslage entsteht, das Bestehende, die Gebäude, die Gruppen und Mitarbeiter, nicht mehr finanzieren zu können. Und weniger aus der Motivation heraus, andere Menschen zu Christus zu führen.
Auf der anderen Seite spielt aber heute für die meisten Menschen die Frage „wie komme ich zum Glauben?" ganz offensichtlich überhaupt keine Rolle.
Warum sollte sich auch für jemanden, der seit 50 Jahren ohne Gott und Glauben lebt, plötzlich die ganze Lebenseinstellung ändern? Es ging ja bislang auch gut ohne.
Warum sollte also jemand an einem Glaubenskurs teilnehmen oder am Sonntag in den Gottesdienst kommen?
Immer wieder wird mir hier erzählt, dass viele Menschen Berührungsängste mit der Kirche hätten.
Das hat sicherlich mit der Geschichte der DDR zu tun, dass die Kirche über Jahrzehnte als der Ort für die Dummen und Beladenen propagiert wurde. Im Westen ist der Ruf der Kirche ein besserer: Kirche tut etwas Gutes, kümmert sich um die Armen, hilft bei Katastrophen. Mehr Menschen sitzen deshalb aber nicht in den Gottesdiensten oder in Gemeindekreisen. Auch dort nimmt das Wissen stetig ab, was in der Kirche eigentlich geglaubt und bekannt wird.
Insofern nähern wir uns wieder paulinischen Zeiten an. Die Chance wächst wieder Menschen zu begegnen, die noch nie etwas von Jesus Christus gehört haben. Das ist eine Chance.
Bei einer Führung einer 5. Schulklasse durch die Lutherkirche guckte z.B. ein Junge entsetzt zum Kruzifix hoch und fragte, wer das denn sei und warum das dort hängt.
Das sind keine Einzelfälle mehr. Noch vor wenigen Jahrzehnten waren die meisten Menschen in Deutschland, die nicht Mitglied einer Kirche waren, bewusst ausgetreten. Heute ist das oft anders, es gibt einfach immer mehr Menschen, die nie einer Kirche angehört haben, und eigentlich auch nicht viel darüber wissen. Diese Menschen sind gerade keine bewussten Atheisten, sondern sie glauben nicht an Gott und Jesus Christus, weil sie ganz einfach noch nie jemandem begegnet sind, der ihnen etwas vom christlichen Glauben erzählt hätte, (die Weihnachtsgeschichte vielleicht ausgenommen.)
„Wie sollen sie aber an den glauben, von dem sie nichts gehört haben? Wie sollen sie aber hören ohne Prediger?" fragte schon Paulus.
Es ist unsere Aufgabe Menschen von Christus zu erzählen, und davon zu erzählen, was uns im Leben hilft. Woran wir glauben. Das ist nicht nur die Aufgabe der ordinierten Pfarrer und Pfarrerinnen, sondern aller Gemeindeglieder. Das ist die Aufgabe aller Eltern an ihre Kinder, der Paten an ihre Patenkinder ...
In anderen Gemeinden, der Archegemeinde in WR zum Beispiel, reden die Menschen ständig von ihrer Bekehrung. Für sie gibt es ein klares davor und danach. Seitdem sind sie Christen. Das mag auf uns vielleicht abschreckend wirken, aber sie sprechen über das, was für sie ganz wichtig ist. Woran sie glauben und dass ihr Leben von Gott bestimmt wird.
Andere werden dadurch nicht gleich bekehrt werden. Aber wenn diese Menschen auch danach handeln, was sie reden, kann das schon neugierig machen, näher hinzugucken und nachzufragen. Oder die Gemeinschaft, die dort gelebt wird, kann sehr ansprechend sein. Es wird nachgefragt, wenn einer einmal nicht da war. Oder besucht, wenn jemand krank ist.
Das gibt es natürlich auch bei uns. Auch wir machen Besuche, sorgen uns um Andere, denken an sie in der Fürbitte. Das ist vielleicht etwas nüchterner und vorsichtiger. Irgendwie haben wir eine Scheu, mit unserem Glauben in die Öffentlichkeit zu treten. Das ist uns zu privat? Oder wir sind deswegen schon belächelt worden?
Wenn wir klagen: wir sind so wenige. Was beklagen wir dann? Dass wir umdenken müssen? Dass wir nicht mehr alle kirchlichen Gebäude werden erhalten können? Dass wir immer weniger Mitarbeiter haben, die sich engagieren?
Oder klagen wir damit darüber, dass es Menschen gibt, die ohne den Glauben an Christus leben müssen? Die nichts davon erfahren wie viel Kraft dieser Glaube geben kann.
„Denn wenn du mit deinem Mund bekennst, dass Jesus der Herr ist, und in deinem Herzen glaubst, dass ihn Gott von den Toten auferweckt hat, so wirst du gerettet." Schreibt Paulus.
Es geht ums Ganze, es geht um unsere Rettung.
Der Glaube und das Bekenntnis retten uns und machen uns gerecht. Das ist die Schlussfolgerung die Paulus aus seinem Nachdenken zieht.
Wer von uns bekennt heute so seinen Glauben?
Was ist mit all den Andersgläubigen, die wir damit ausschließen?
Es ist sicherlich nicht verkehrt, ein bisschen zurückhaltender zu sein. Zurückhaltend in dem Sinn, dass wir andere nicht zu Ungläubigen erklären, wenn sie anders glauben oder sie zu verachten, wenn sie nicht glauben wollen.
Aber nicht zurückhaltend in dem Sinn, dass wir mit unserer Botschaft hinterm Berg halten. Sondern, dass wir Menschen zu Christus führen. Ihnen erzählen davon, was uns im Leben hilft. Dann, wenn es schwer ist und wir nicht weiter wissen.
Meine Erfahrung ist es, dass Menschen gerade dann bereit sind, zu hören. Nicht nur mit den Ohren, sondern auch mit dem Herzen. Wenn sie spüren, dass wir ehrlich sind, dass uns unser Glaube wichtig ist, und dass wir wissen, wovon wir reden. Dass wir Andere nicht nur dabei haben wollen, weil wir dann mehr Publikum haben, sondern weil wir uns für sie wünschen, dass sie den Weg zu dem finden, der ihnen Kraft und Zuversicht gibt.
Irgendwo habe ich letztens den Satz gelesen:
Lebe so, dass andere dich danach fragen.
Amen